Es ist für ambulante Psychotherapeut*innen aufwändiger und herausfordernder, eine wirksame Gruppentherapie durchzuführen im Vergleich zur Einzeltherapie: Das Leiten von Gruppen gilt als <<äußerst anspruchsvolle Aufgabe>> (Marwitz 2016). Das mag dazu beitragen, dass trotz hoher Wirksamkeit und Effizienz Gruppentherapien in Deutschland nur sehr selten durchgeführt werden: Nur in 1 bis 3 Prozent aller Fälle (Deutsches Ärzteblatt Ausgabe 7-2020 S. 306).
Der Gesetzgeber hat deswegen eine ganze Reihe an Maßnahmen zur Förderung von Gruppentherapie beschlossen, unter anderem:
In einer Gruppentherapie kann man neue zwischenmenschliche Verhaltensweisen erproben und üben. Geübt werden kann zum Beispiel, wie man Kontakt zu anderen aufbaut (das ist z.B. für Kinder und Jugendliche wichtig im Kontext ihrer Schulklasse) oder wie man seine Meinung ausdrückt bei einem Konflikt (z.B. gegenüber Lehrer*innen bei einer empfundenen Ungerechtigkeit). Der Vorteil einer therapeutischen Gruppe ist, dass man nicht die negativen Konsequenzen fürchten muss, die es im "echten Leben" in solchen Situationen geben könnte (z.B. die Zurückweisung durch andere).
Das Lernen kann durch wohlwollende und zugleich ehrliche Rückmeldungen (Feedback) der anderen Gruppenteilnehmer*innen unterstützt werden. Außerdem können Patient*innen voneinander lernen, wie man Probleme bewältigt. Dies wird Lernen am Modell genannt (wiki/Sozialkognitive_Lerntheorie).
Eine Gruppentherapie kann auch bei Kindern vorteilhaft sein: "In der Gruppe werden soziale, emotionale und kognitive Anforderungen an die Kinder gestellt - das schafft für uns einen Transfer in ihr Lebensumfeld Schule, der in der Einzeltherapie schwieriger zu erlangen ist", sagt Sabine Maur, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Präsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz.
Auch das Symposium 2020 der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) handelte von den Vorteilen der Gruppentherapie.
Die notwendigen Rahmenbedingungen einer funktionierenden Gruppe werden "instrumentelle Gruppenbedingungen" genannt. Bei verhaltenstherapeutischen Gruppen ist es die Aufgabe der Psychotherapeut*innen, aktiv diese Rahmenbedingungen herzustellen:
Eine inhaltliche Arbeit an Themen einer Psychotherapie kann nicht sinnvoll stattfinden, wenn die Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind. Deswegen kann es das Gruppensetting erfordern, dass Verhaltenstherapeut*innen sich direktiver verhalten müssen als in der Einzeltherapie (z.B. wenn Gruppenregeln nicht eingehalten werden).
Es gibt Gruppenregeln, die von den Gruppenteilnehmer*innen eingehalten werden müssen. Dazu gehört die Verschwiegenheit: Alle Gruppenteilnehmer*innen müssen sich verpflichten, persönliche Inhalte nicht weiterzuerzählen; die Anonymität der anderen Gruppenmitglieder muss immer gewahrt werden. Dies betrifft das, was man von anderen Gruppenmitgliedern erfährt - man darf aber z.B. mit seinem Umfeld erzählen, was man selbst gelernt hat in einer Gruppe.
Die Gruppenregeln werden in den Gruppensitzungen erarbeitet und schriftlich festgehalten. Dazu können auch die Grundbedingungen erfolgreicher Gruppen genutzt werden (Arbeit an den
Zielen, wertschätzender Umgang, Beteiligung...).
Es gibt unterschiedliche Gruppentherapie-Konzepte mit zum Teil sehr großen Unterschieden. Die Unterschiede können sich zeigen in Bezug auf die Ziele, die Methoden, die Rolle der Teilnehmer*innen in der Gruppe etc. Für die Verhaltenstherapie spielen vor allem zwei Gruppentherapie-Konzepte eine Rolle:
Wenn du möchtest, kannst du weitere Informationen über Gruppenkonzepte lesen.
Jede Behandlung, egal ob sie aus einer Medikation oder einer Psychotherapie besteht, kann Nebenwirkungen haben. Auch eine Gruppentherapie kann Nebenwirkungen haben.
Außerdem gibt es Kontraindikationen, also Umstände, bei denen eine Gruppentherapie nicht oder nur unter strenger Abwägung stattfinden sollte. Beispiel: Bei Gruppen mit aggressiven und dissozialen Jugendlichen kann es dazu kommen, dass die Jugendlichen voneinander problematische Verhaltensweisen erlernen und übernehmen, "weil es cooler ist, sich dissozial zu verhalten" (Strömsdörfer 2020). Dies wird als Devianztraining (peer deviance training) bezeichnet.
Bei der Krankenkasse können Patient*innen beantragt:
Sipos, V., Schweiger, U. (2019): Gruppentherapie. Standards der Psychotherapie, Band 6.
Marwitz, M. (2016): Verhaltenstherapeutische Gruppentherapie. Grundlage und Praxis.
Fiedler, P. (2005): Verhaltenstherapie in Gruppen. Psychologische Psychotherapie in der Praxis.
Strömsdorfer, H. (2020): Gruppenpsychotherapie: Du bist nicht allein! In: Psychotherapie Aktuell, 12. Jahrgang, Ausgabe 3.2020
Lindenmeyer, J. (2020): Therapie-Tools, Gruppentherapie 1.