Zahnbehandlungsangst

Eine repräsentative Befragung zeigt: Rund 60% der Menschen in Deutschland hat Angst vor dem Zahnarztbesuch (Micheelis 2012). Bei etwa 5 bis 10% der Bevölkerung liegt eine Zahnbehandlungsangst mit Krankheitswert vor. Im Sinne des Klassifikationssystems der Weltgesundheitsorganisation WHO handelt es sich dabei um eine spezifische Phobie.

 

Die meisten Betroffenen mit dieser Angststörung vermeiden die Zahnbehandlung. Hierdurch kann es zu gesundheitlichen Folgeproblemen kommen. Dazu gehört eine erhebliche Reduktion der Zahn- und Mundgesundheit (dadurch können zum Beispiel Entzündungen im Mund ausgelöst werden oder Probleme des Magen-Darm-Traktes auftreten). Es können auch zusätzliche soziale und psychische Beeinträchtigungen auftreten.


Komorbidität

Bei vielen Menschen, die unter einer Zahnbehandlungsphobie leiden, liegt gleichzeitig eine weitere psychische Störungen vor (Komorbidität). Am häufigsten sind weitere Angststörungen, darunter die generalisierte Angststörung, die soziale Phobie und die Blut-Spritzen-Verletzungs-Phobie.


Ursachen

Wie bei allen psychischen und Verhaltensstörungen gibt es nicht eine einzige Ursache, sondern die Verursachung ist multifaktoriell. Als Faktoren gelten:

  • Traumatische Erfahrungen: Patient*innen berichten über schmerzhafte Erlebnisse beim Zahnarzt in der Vergangenheit.
  • Familiäre Einflüsse: Kinder können Ängste erlernen durch Beobachtung (Modelllernen). Wenn Kinder oder Jugendliche miterleben, wie die Eltern oder Geschwister Angst oder Schmerzen haben oder hatten vor / während / nach einem Zahnarztbesuch, können sie selbst diese Angst ausbilden.
  • Individuelle Eigenschaften: Die gedankliche Bewertung von Situationen und Ereignissen kann Ängste verstärken. Angstvermehrende Gedanken sind beispielsweise: "Das war furchtbar" / "Das wird furchtbar", "Ich werde die Kontrolle verlieren" usw.

Behandlungsoptionen für Jugendliche (ab 16 Jahren) und Erwachsene

Wenn die Angst sehr starker Angst ist, sie mit einem bedeutenden Leidensdruck einher geht und zu Folgeproblemen führt, empfiehlt sich ein interdisziplinärer Therapieansatz von Zahnarzt und Psychotherapeut.

 

Eine Reduktion der Zahnbehandlungsangst kann durch kurzfristige und langfristige Maßnahmen erfolgen:

  • Die Therapie der ersten Wahl für die langfristige Reduktion der Angststörung ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Diese besteht auch aus Elementen der Angstkonfrontation (Exposition).
  • Zur Akutbehandlung, z.B. bei der Notwendigkeit einer dringenden Behandlung beim Zahnarzt: Die Therapie der ersten Wahl für eine unmittelbare Angstreduktion ist eine Medikation mit einem oralen kurzwirksamen Benzodiazepin. Der Einsatz von Lachgas oder einer Vollnarkose sind nicht Mittel der ersten Wahl. Eine Medikation kann jedoch nicht langfristig die Angst vor zukünftigen Zahnbehandlungen verbessern.

Wissenschaftliche Leitlinie