Skills sind Verhaltensweisen, die in einer schwierigen Situation hilfreich sind (und auch langfristig keinen Schaden verursachen). Dagegen sind dysfunktionale Verhaltensweisen wie z.B. Drogenkonsum oder selbstverletzendes Verhalten keine Skills: Sie können zwar kurzfristig zum Rückgang von Anspannung führen, aber sie sind auf längere Sicht schädlich.
Damit man von Skills profitiert, reicht es nicht aus, sie zu kennen - sondern erst die Anwendung lässt sie wirksam werden. So kann man Skills trainieren: Zunächst (1) geht es darum, sich Wissen über Skills anzueignen, dann (2) das Wissen um die Skills auf die eigene Situation anzupassen, als nächstes (3) die Skills zu üben wenn es einem gut geht und schließlich (4) die Skills anzuwenden unter Stressbedingungen.
Das Skills-Training ist eine Teilkomponente eines bestimmten Therapieansatzes: Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT).
Das Skill-Training wurde ursprünglich für Patienten mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung (Borderline) entwickelt. Um die Tradition des Skills-Trainings zu verstehen ist es hilfreich, zu wissen, was das ist: Laut DSM-5 handelt es sich dabei um eine Instablität bezüglich zwischenmenschlicher Beziehungen, des Selbstbildes und der Gefühle. Außerdem zeigt sich eine deutliche Impulsivität. Bezüglich der Verursachung der Störung geht man davon aus, dass zwei Faktoren eine Rolle spielen: Eine genetische Veranlagung sowie belastende Erfahrungen im sozialen Umfeld (ein Umfeld, in dem Gefühle nicht ausreichend gewürdigt und ernst genommen wurden). Weiter aufrechterhalten wird die Störung durch dysfunktionales Verhalten - Verhalten also, das oft kurzfristig hilfreich ist, langfristig die Probleme aber verfestigt.
Angewendet wird das Skills-Training mittlerweile auch bei anderen Patienten, die Probleme der Emotionsregulation haben (Probleme, Gefühle zu steuern). Ein zentraler Begriff ist die Anspannung. Sie kann zwischen 0% (keinerlei Anspannung) und 100% (maximale Anspannung) liegen. Ändert sich die Anspannung, ändern sich auch die Gedanken, Gefühle, Körperreaktionen und das Verhalten. Es ist hilfreich zu wissen, wie sich Anspannung in diesen Bereichen bei sich selbst bemerkbar macht.
Achtsamkeit ist die nicht-wertende Wahrnehmung des Augenblicks. Historisch geht die Achtsamkeit auf den Buddhismus zurück: Im Zen-Buddhismus meditieren die
Übenden, indem sie in aufrechter Körperhaltung reglos sitzen. Sie versuchen, ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu fokussieren und die Wahrnehmung auf den
eigenen Atem zu richten. Dabei passiert es mit Sicherheit, dass andere, automatische Gedanken auftreten (z.B. Dinge, die man noch erledigen muss, Erinnerungen an die Vergangenheit). Diese
ablenkenden Gedanken soll der Übende wahrnehmen um dann wieder die Aufmerksamkeit auf den Atem zu richten.
Die Verbindung von Achtsamkeit und Psychotherapie geht auf den US-Amerikaner Jon Kabat-Zinn zurück. Er nannte den Ansatz "Mindfulness-Based Stress Reduction" (MBSR). Er definiert
Achtsamkeit als "paying attention in a particular way: on purpose, in the present moment, and nonjudgmentally”. Ursprünglich wurde MBSR bei Patienten eingesetzt, die unter chronischen Schmerzen
litten. Akzeptanz bedeutet hier: Schmerz ist Schmerz - Leid entsteht aber erst durch die darauf folgende Bewertung ("emotions are emotions and nothing else"). Akzeptanz
bedeutet allerdings nicht, alles was einem im Leben widerfährt positiv zu bewerten.
Weitere hilfreiche Informationen: Hörbeitrag von SWR2 Wissen "Kann Achtsamkeit heilen? Die MBSR-Methode in der Medizin" (26 Minuten)
Während es bei der kognitiven Verhaltenstherapie meistens darum geht, Verhalten, das zu Leid oder Problemen führt, aktiv zu verändern, steht bei der Achtsamkeit die Akzeptanz im Mittelpunkt. In dem Therapieansatz (DBT) geht es um einen hilfreichen Ausgleich dieser Gegensätze. Bei konkreten Problemen hat es sich bewährt, sie danach einzuteilen, ob sie lösbar oder unlösbar sind.
Bei einem lösbaren Problem, das mit unangenehmen Emotionen verbunden ist: Hier sollte man das Problem zuerst einmal akzeptieren und dann an der Lösung arbeiten.
Bei einem unlösbaren Problem, das mit unangenehmen Emotionen verbunden ist: Auch hier sollte man zunächst das Problem akzeptieren. Danach kann man daran arbeiten, die eigene emotionale Reaktion zu regulieren (das Gefühl abzuschwächen). Gelingt eine Gefühlsregulation nicht, gibt es noch einen Weg: Die "Radikale Akzeptanz". Dabei übt man, die Unveränderbarkeit des Problems zu akzeptieren und die emotionale Reaktion darauf zu akzeptieren. Dies führt zu einer Linderung des Leidens.
Es gibt verschiedene Übungen um Achtsamkeit zu trainieren. Erfahrungsgemäß zeigen sich Effekte im Alltag, wenn täglich übt für etwa ein bis zwei Monate. Wenn es mal nicht so gut läuft mit der Motivation und der Selbstdisziplin: Auch kurze tägliche Übungen sind besser als keine. Hilfreich ist es, einen Timer zu stellen für die Übungszeit und sich auch wirklich an die Zeit zu halten (z.B. fünf Minuten). Sicher werden beim Üben "störende" Gedanken auftreten - dann gilt es, diese vorbei ziehen zu lassen.
Wahrnehmen: Wahrnehmen heißt, sich auf das einzulassen, was in dem Moment "da" ist: Die Welt um sich herum genauso wie die eigenen Gedanken und Gefühle. Beispiele für Übungen:
Beschreiben: Beschreiben bedeutet, dass man Worte findet für das, was man wahrnimmt. Beispiele für Übungen:
Teilnehmen: Teilnehmen meint, sich uneingeschränkt auf eine Tätigkeit zu konzentrieren. Beispiele für Übungen:
Wichtige Fertigkeiten der Achtsamkeit sind:
Bei dem Modul Stresstoleranz geht es ums Skills wenn das Stresslevel sehr hoch ist. Hochstress hat man bei einer Anspannung größer als 70 auf einer 100er-Skala.
Wenn man sich in einer Hochstress-Phase befindet, ist das Denken und Handeln sehr eingeengt. Man ist dann nicht in der Lage, komplexe Skills anzuwenden. Stattdessen geht es um die Krisenbewältigung. Dazu kann man einfache Skills zur Reduktion der Anspannung anwenden:
Außerdem gibt es präventiv wirksame Skills, die verhindern sollen, dass man in Hochstress-Phasen hinein gerät:
Emotionen kann man abschwächen indem man genau das Gegenteil dessen macht, was die Emotion "vorschlägt". Man verhält sich also absichtlich so, dass es sich nicht richtig anfühlt. Das geht in diesen Bereichen: Aufmerksamkeitsfokus, Denken (z.B. der Gedanke, zu was einem der Kontrahent noch nützlich sein kann wenn man freundlich zu ihm ist), Körpersprache (z.B. leichtes Lächeln) und Handeln (z.B. seinem Gegner etwas Nettes sagen).
Hier sind ein paar Beispiele für spezifische Emotionen.
Ärger und Wut entstehen wenn wir bedroht werden oder wenn wichtige Ziele von uns bedroht werden. Mögliche Auslöser: Man wird beleidigt, man glaubt, unfair behandelt worden zu sein, man glaubt, die Dinge sollten anders sein, als sie sind. Aufmerksamkeitsfokus: Man sucht nach Argumenten, warum es gerechtfertigt ist, sich aufzuregen. Körperreaktion: Anspannung der Muskeln, Ballen der Fäuste, Heben der Schultern. Handlungsdrang: Man ist bereit für körperliche oder verbale Angriffe, beleidigende Gesten, schreien, Gegenstände zu werfen. Angemessen ist Wut, wenn die eigenen Ziele behindert werden - aber: Meistens ist es gut, seine Wut nicht in maximaler Intensität herauszulassen, sondern die Intensität zu dosieren. Abschwächen kann man die Emotion durch entgegengesetztes Handeln: Auch etwas Freundliches oder Versöhnliches sagen. Entgegengesetztes Denken: Daran denken, dass das Gegenüber irgendwann etwas Gutes für einen tun wird; daran denken, wie man mit der Person schon einmal gut zurecht gekommen ist. Entgegengesetzte Körperhaltung / Mimik: Die Schultern fallen lassen, ruhig und tief atmen, lächeln, Hände lockern.
Scham tritt auf wenn man befürchtet, sich in den Augen anderer zu blamieren. Im Kern geht es um die Befürchtung, aufgrund einer Blamage Zugehörigkeit zu anderern zu verlieren. Mögliche Auslöser: Man hat bei einer Sache versagt, man wir zurückgewiesen, man glaubt, schlechter zu sein als andere. Typischer Handlungsdrang: Man möchte am liebsten verschwinden aus einer Situation. Außerdem versucht man generell viele Situationen zu vermeiden. Eine Abschwächung der Emotion ist möglich. Entgegengesetztes Handeln: Sich nicht zurückziehen, sondern in einer Situation bleiben. Entgegengesetztes Denken: An die eigenen Stärken denken. Entgegengesetzte Körperhaltung / Mimik: Präsent sein, den Kopf heben, lächeln.
Einsamkeit: Menschen sind soziale Wesen. Die Entwicklungsgeschichte der Menschheit kann Einsamkeit als Emotion hervorgebracht haben, da es zum Überleben wichtig ist, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Es gibt einen Unterschied zwischen alleine sein und einsam sein: Manchmal kann allein zu sein angenehm und befreiend sein, Einsamkeit ist aber nicht angenehm. Typische Auslöser: Von jemandem getrennt zu sein, der einem wichtig ist, Gedanken des Ausgeschlossenseins. Der Aufmerksamkeitsfokus ist verzerrt: Man nimmt andere als fröhliche, zusammenhängende Gruppe wahr; man sieht Einladungen zur Interaktion nicht. Handlungsdrang: Man möchte Kontakt aufnehmen. Passend zur Situation ist die Emotion Einsamkeit wenn man eine lieb gewonnene Person verliert. Nach dem Gefühl handeln würde bedeuten, Kontakt zu anderen aufzunehmen, sich Freunde zu suchen. Wenn der Handlungsdrang allerdings dazu führt, dass man verzweifelt nach Kontakt sucht, ist es hilfreich die Emotion Einsamkeit abzuschwächen. Das geht durch entgegengesetztes Handeln, nämlich dem Verzicht auf aktive Kontaktaufnahme, durch entgegengesetztes Denken, also dem Annehmen und Akzeptieren des Alleinseins.