Ein Hauptmerkmale von Beziehungen ist es, Bindungen aufzubauen und zu erleben. Beim Bindungsverhalten handelt es sich um ein menschliches Grundbedürfnis, das mit intensiven Gefühlen gekoppelt ist. Es hat sich im Laufe der Evolution gebildet. Und auch heute noch geben Menschen als wichtigsten Bereich für ihre Lebenszufriedenheit Liebe, Partnerschaft und Familie an.
Probleme in der Partnerschaft führen zu einer deutlichen Abnahme von Bindung an den Partner. Dies geht einher mit einem Rückgang vertrauensvoller und offener Kommunikation. Stattdessen kommt es zu mehr Kritik und Abwertung des Partners. Die Partner helfen sich gegenseitig widerwilliger und untergraben das Selbstwertgefühl des anderen, Aufgaben im Haushalt werden seltener erledigt, die Stressbelastung steigt. Dies wirkt sich schnell auf den Austausch von Intimitäten und die Sexualität aus. Insgesamt nehmen positives Verhalten und die gegenseitige Anziehung ab. Wenn das Paar Kinder hat, kommt es zu einer Verschlechterung der Erziehungskompetenz durch vermehrte Uneinigkeit auch bezüglich der Erziehung.
Zunächst eine Einschränkung: Paartherapie ist keine Leistung der Krankenkassen und wird von mir nicht angeboten. Wenn Probleme aufgrund von Trennung oder Scheidung auftreten, gibt es hierfür Beratungsstellen, z.B. die Erziehungs- und Familienberatungsstelle in Eisenhüttenstadt (Tel. 03364-771491).
Dennoch können Partnerschaftsprobleme in einer Psychotherapie eine Rolle spielen. Es zeigen sich viele Zusammenhänge zwischen psychischen Störungen und Paarproblemen - meistens "in beide Richtungen" wie diese Auflistung zeigt:
Außerdem wird in manchen Fällen die psychische Störung eines Partners verstärkt werden durch das Verhalten des Partners. Dies trifft gehäuft bei Angststörungen auf, wenn Betroffene vieles "abgenommen" bekommen von ihrem Partner und dadurch mehr Vermeidungsverhalten zeigen. Aufgrund dieser Zusammenhänge können Behandlungskomponenten der verhaltenstherapeutischen Paartherapie als ein Baustein von mehreren bei einer Psychotherapie durchgeführt werden.
Die meisten Menschen nehmen an, Liebe sei etwas, das entweder da ist oder eben nicht da ist. Die Verhaltenstherapie bietet eine andere Sichtweise: Liebesgefühle sind direkt davon abhängig, wie beide Partner miteinander umgehen, also wie sich sich konkret miteinander verhalten.
In Studien wurde versucht, die Beziehungsqualität von Paaren zu messen und zu erklären. Das Ziel war es, ein Modell zu erstellen, welches das Gelingen oder Scheitern einer Beziehung erklärt. Die klarsten Ergebnisse zeigten sich bei der Betrachtung der konkreten Interaktion der Paare. Bei einer Studie wurden z.B. Paare gebeten, über einen aktuellen Konflikt zu diskutieren - ihr Verhalten wurden per Video aufgenommen und analysiert. Dabei zeigte sich, dass Paare mit generell hoher Beziehungsqualität während eines Konflikts häufiger mit warmer, zärtlicher Stimme sprachen, mehr Blickkontakt hielten und häufiger lächelten. Sie sprachen häufiger über ihre eigenen Gedanken, Wünsche und Bedürfnisse. Sie vermittelten dem Partner häufiger, dass sie seine Sichtweisen akzeptierten. Unzufriedene Paare dagegen sprachen vermehrt mit kalter, aggressiver und lauter Stimme, wendeten sich vermehrt vom Partner ab, rechtfertigten sich häufiger und kritisierten den Partner häufiger. Bei unglücklichen Paaren dauerten die Streitigkeiten länger an aufgrund von anhaltendem Kritisieren, Beschuldigen und Vorwürfen machen - sie konnten sich nicht lösen aus negativen Interaktionen.
Allgemein ist es hilfreich, sich zu überlegen: Worauf kommt es an, damit eine Beziehung gelingt? Was sind typische "Fallen", in die man tappen kann? Was kann man tun bei Krisen in der Beziehung? Die gute Nachricht bei Paarproblemen ist: Eine Beziehung kann man neu gestalten, wenn beide Partner bereit sind, an ihrem "Part" (ihrem Verhalten) zu arbeiten. Beginnen muss man aber immer selbst. Wie immer in der Verhaltenstherapie gilt auch hier: Neues Wissen zu haben ist gut, aber erst das Handeln und Umsetzen bringt Erfolge. Hier ein paar Anregungen:
Gibt es eine Krise in einer Beziehung, kommt es oftmals zu einem typischen Verhaltensmuster: Es wird versucht, den Partner zu zwingen, das zu tun, was man möchte. Dies nennt man "coersives" Verhalten (von engl. "coersive" = Zwang) oder Zwangsprozess. Das Schema sieht so aus:
Partner A regt sich über Partner B auf. Partner A verhält sich bestrafend gegenüber Partner B, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Hierauf reagiert Partner B dann ebenfalls bestrafend als Reaktion auf die Bestrafung von Partner A. Dies geht dann immer so weiter bis zur Eskalation und bis man nicht mehr weiß, warum man eigentlich gestritten hat.
Der Psychologe und Beziehungsforscher John Gottman (wiki/John_Gottman) beschreibt vier Faktoren, die Beziehungen zerstören können. Er bezeichnet sie als die "vier apokalyptischen Reiter":
Um Paarprobleme zu bearbeiten wurden verhaltenstherapeutische Therapieprogramme entwickelt. Die "kognitiv-verhaltenstherapeutische Ehetherapie" ist die am besten untersuchte Therapieform. Hierzu gibt es z.B. die Therapieprogramme "Partnerschaftsprobleme: Diagnose und Therapie" (L. Schindler, K. Hahlweg) und "Verhaltenstherapie mit Paaren" (G. Bodenmann). Behandlungsbausteine sind beispielsweise:
Wie kam es zu meiner Partnerwahl? Wie gestalte ich Beziehungen? Wer mehr Einsicht über sich selbst und den Partner haben möchte, kann reflektieren, welche Beziehungskonzepte man hat. Das Beziehungskonzept ist entstanden durch Erfahrungen aus der Beziehung zu den Eltern und durch spätere zwischenmenschliche Lernerfahrungen. Diese Lerngeschichte führt zu einem individuellen Bindungsstil, der sich in Kategorien einteilen lässt:
Der Bindungsstil hat Auswirkungen auf das Denken, Fühlen und Verhalten einer Person gegenüber anderen Menschen. Man hat die Tendenz, sich fortlaufend entsprechend seiner Annahmen über Beziehungen zu verhalten.
Für eine gelingende Beziehung ist es wichtig, dass beiden Partner das Beziehungskonzept des anderen und die damit verbundene Lerngeschichte bekannt ist. Damit kann die konkrete Interaktion der Partner verbessert werden, also die Beziehungsqualität.
Partnerschaftsprobleme? So gelingt Ihre Beziehung (L. Schindler, K. Hahlweg, D. Revenstorf)
Passt doch! Paarkonflikte verstehen und lösen mit der Schematherapie (E. Roediger, W.T. Behary, G. Zarbock)
Wie redest Du mit mir? Fehler und Möglichkeiten in der Paarkommunikation (Engl, J. & Thurmaier, F.)
Fallstricke der Liebe. 24 Irrtümer über das Leben zu zweit (Lazarus, A.)
Schindler, L., Hahlweg, K., Revenstorf D. (2019): Partnerschaftsprobleme: Diagnose und Therapie. Handbuch für Therapeuten
Wirsching, M., Scheib, P. (2002): Paar- und Familientherapie
Jellouschek, H.: Die Paartherapie
Arnold Retzer: Systemische Paartherapie