Chronische körperliche Erkrankungen

Chronische körperliche Erkrankungen sind solche, die über einen längeren Zeitraum bestehen und die schwer heilbar oder nicht heilbar sind. Chronische Erkrankungen erfordern einen dauerhaften hilfreichen Umgang mit der Erkrankung durch Patient*innen, ein Krankheitsmanagement.


Die Bedeutung chronischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter

Chronische Erkrankungen sind schon im Kindes- und Jugendalter weit verbreitet (vgl. Prävalenz und Charakteristika von Kindern und Jugendlichen mit speziellem Versorgungsbedarf im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey KiGGS in Deutschland). Dazu gehören beispielsweise Bronchitis, Asthma bronchiale, Neurodermitis, Epilepsie, Diabetes, Phenylketonurie oder chronische Schmerzen (z.B. Migräne, Rückenschmerz, Bauchschmerzen).


Psychosoziale Einflussfaktoren auf körperliche Erkrankungen

Es ist davon auszugehen, dass chronische Erkrankungen wie z.B. Neurodermitis primär physisch verursacht sind. Psychische Faktoren (Belastungen und ungünstiges Verhalten einerseits und hilfreiche Verhalten andererseits) können sich jedoch auf den Krankheitsverlauf auswirken. Hierbei gibt es vielgestaltige Wechselwirkungen.

 

In der ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) können "psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren" (F54 ICD-10) diagnostiziert werden, wenn sie eine bedeutsame Rolle spielen als verursachende Faktoren bei einer körperlichen Krankheit. Beispielsweise könnten diagnostiziert werden:

  • Asthma (F54 und J45.–)
  • Colitis ulcerosa (F54 und K51.–)
  • Dermatitis (F54 und L23–L25)
  • Magenulkus (F54 und K25.–)
  • Reizdarmsyndrom (F54 und K58.–)
  • Urtikaria (F54 und L50.–)

Unabhängig davon kann bei vielen körperlichen Erkrankungen die Verhaltensänderung von Patient*innen einen wesentlichen Behandlungsfaktor ausmachen. Dazu gehört z.B. die Ernährung, Bewegung, ein gesundes Körpergewicht, das Nichtrauchen, der Verzicht auf Alkohol wie z.B. bei der chronischen koronaren Herzerkrankung (vgl. patienten-information.de). Auch die Leitlinie zum Management der arteriellen Hypertonie fordert: "Die routinemäßige Hypertonie-Behandlung umfasst Lebensstil-Interventionen für alle Patienten".


<<Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.>>

Molière, französischer Dramatiker (1622 - 1673)


Psychotherapie bei körperlichen Krankheiten?

Die Psychotherapie-Richtlinie trennt zwischen seelischen Krankheiten und körperlichen Krankheiten (§27 Abs. 2): Psychotherapie kann neben oder nach einer somatisch ärztlichen Behandlung von Krankheiten oder deren Auswirkungen angewandt werden, wenn psychische Faktoren einen wesentlichen pathogenetischen Anteil daran haben und sich ein Ansatz für die Anwendung von Psychotherapie bietet; Indikationen hierfür können nur sein:"

  1. Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol / Drogen / Medikament
  2. Seelische Krankheit auf Grund frühkindlicher emotionaler Mangelzustände oder tiefgreifender Entwicklungsstörungen
  3. Seelische Krankheit als Folge schwerer chronischer Krankheitsverläufe
  4. Schizophrene und affektive psychotische Störungen.

Fachliteratur

Egle, Heim, Strauß, von Känel (Hrsg.) (2020): Psychosomatik - neurobiologisch fundiert und evidenzbasiert

 

Chronische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Psychologische und medizinische Grundlagen. A. Lohaus. N. Heinrichs. 2013

 

Psychische Entwicklung bei chronischer Krankheit im Kindes- und Jugendalter. C. von Hagen. H.P. Schwarz. 2009